Soloshow 18.03 - 14.05.2023
Etwas, das vorhanden ist, doch in einen differenzierten Sichtmoment überführt wird. Ein erfasster Augenblick, der durch die Änderung der Schärfe oder der Verschiebung der Bedeutungsebene eine Verwandlung erfährt. Herausgegriffen aus dem Ganzen: ein Fragment, das sich aufsplittert und wiederholt, auf der Netzhaut vibriert, verwischt, sich vervielfältigt und ein neues Ganzes entstehen lässt, das immateriell Phantastisches greifbar werden lässt.
Die fotografischen Bilder von Ralf Brueck (geboren 1966 in Düsseldorf) verweisen auf Räume des Gesehenen, auf Orte, die der Künstler entdeckt, aufgesucht und fotografiert hat, bevor er mit ihnen in ein Spiel abstrakter Komposition und Dekonstruktion einzutauchen beginnt. Brueck überträgt dabei die Fähigkeit des menschlichen Perspektivwechsels oder der Wahrnehmung von rotierenden Zwischenbildern in die Möglichkeiten technischer Bilderzeugung, wählt Szenen des Realen aus, die er dann in seiner Arbeit am digitalen Bild zu eigenständigen Bildkörpern erhebt. Zeit, die sich durch eine langgezogene Verortung zu dehnen beginnt, oder Gebautes, das durch seinen künstlerischen Eingriff mit- und ineinander verwächst, ja, Räume, in denen sich Bauelemente nonchalant wiederholen und zu surrealen Gefügen zwischen physisch Vorhandenem und Verbildlichung werden.
In seiner Ausstellung Conversion bei Kunst & Denker Contemporary bringt Ralf Brueck neuere Bilder verschiedener Werkreihen mit einer älteren Arbeit zusammen, zwischen denen sich ein nicht-zeitlicher Dialog entwickelt, der ihre künstlerische Genese, als auch die ursächliche Bedeutung von Entstehungszusammenhängen zwischen Menschen und Bildern sichtbar werden lässt. In Zeiten des bildgenerischen Wandels wird hierbei Bruecks Haltung zum Bildhaften deutlich: Denn der von ihm intendierten Bilderfahrung wohnt nicht nur die Faszination für das bloße Erfahren von Räumen inne, sondern auch das Ahnen ihrer spezifischen soziokulturellen Konnotation, die sich wie ein Fundament in seine fotografischen Bilder einschreibt. Urbane Transformation, globale Urbanisierungsprozesse, Wandel durch digitale Beschleunigung, das sind Aspekte, die seine Bilder in Motiv und Ausführung als immaterielle Texturen „bekleiden“, doch beschreiben sie als Körper immer das Spezifische, in dessen Angesicht wir tatsächlich treten könnten.
Die Fotografien von Ralf Brueck lassen so auch ein hingebungsvolles Hinwenden zum Sehen und Entdecken, zum Überprüfen und Reflektieren erkennen, über das, was existiert: Der Kölner Dom, das CBS Building in New York, ein Chemiepark im Ruhrgebiet, ein Bungalow in Amerika. Dabei vergegenwärtigt Ralf Brueck, was es bedeutet, Formensprachen zu lesen, sich mit ihnen auseinander zu setzen und kulturelles Erbe im Medium der Fotografie zu kontextualisieren.